Lebendige Charaktere & interessante Diskussionen mit Rike Reiniger

reiniger 3 0003Am 7. Dezember 2020 war die Autorin Rike Reiniger bereits zum dritten Mal in diesem Jahr am Victor-Klemperer-Kolleg (VKK) zu Gast. Im Rahmen ihres Besuchs stellte sie das dritte Buch ihrer Trilogie zum Thema „Sozialer Mut“ vor, das Buch „Risse in den Wörtern“. Wie die beiden anderen von ihr vorgestellten Bücher geht auch „Risse in den Wörtern“ auf einen Theatermonolog zurück, es spricht also nur eine Person.

Der Autorin gelang es, im Rahmen ihrer Lesung den Charakter des jungen Manns Sascha, der Hauptfigur des Buches, lebendig zu zeichnen. Gebannt lauschten die Kollegiatinnen und Kollegiaten der zwölften und dreizehnten Klasse, die die Lesung besuchten, der Geschichte von Sascha, der als Bundeswehrsoldat in Afghanistan eingesetzt wurde, dort vor eine moralische Entscheidung gestellt und anschließend wegen einer schweren Dienstpflichtverletzung vor die Untersuchungskommission geladen wird. Dabei beginnt die Geschichte mit einem ganz normalen jungen Mann, der als Gerüstbauer arbeitet und mit dem Mädchen Juli seine erste große Liebe findet. Nach einem Hauskauf und der Insolvenz seiner Firma entschließt er sich schließlich, als Zeitsoldat zu arbeiten, um den Kredit abdecken zu können. Sascha nimmt uns mit auf seine Reise, wodurch wir den Alltag als Soldat*in in Afghanistan kennenlernten und auch das schockierende Erlebnis eines Gefechts durch die lebendige Beschreibung von Rike Reiniger mit Sascha durchlebten. Sascha verliert in dem Gefecht seinen Freund Paule und muss sich schließlich einer moralischen Entscheidung stellen, die wir an dieser Stelle nicht verraten wollen :)

Das Gutachten des Untersuchungsausschusses zieht schließlich das Fazit einer akuten Belastungsstörung mit Selbst- und Fremdgefährdung und empfiehlt eine stationäre Behandlung. Wie sahen die Zuhörer*innen diese Diagnose, aber auch das ganze Buch? „Sehr eindringlich und bewegend“ lauteten die Kommentare der anwesenden Kollegiat*innen. Ein anwesender Kollegiat, der selber aus Afghanistan stammt, lobte die realitätsnahe Beschreibung der Situation in Afghanistan. Ein anderer Kollegiat, der selber als Soldat bei der Bundeswehr war und auf einen Bundeswehreinsatz in Afghanistan vorbereitet wurde, lobte vor allem die dargestellten Gedanken, die in den Köpfen junger Soldat*innen vorgeht. Reiniger erzählte von ihren Recherchen, in deren Rahmen sie Gespräche mit Bundeswehrsoldat*innen, von denen auch einige im Einsatz in Afghanistan gewesen waren, führte, und stellte schließlich die Frage, wie sich die Kollegiat*innen an Saschas Stelle entschieden hätten und wie weit sozialer Mut und Gewissensentscheidungen das Verhalten bestimmen sollten. Nach einer lebendigen Diskussion regte die Autorin das Nachdenken über eine Alternative zur militärischen Kriegsführung, die zivile Konfliktbearbeitung an.

Text & Bilder: S. Lacher

 

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